Aktuelle Stellungnahme zur neuen Ideenplanung "An der Schussen" der Stadt Ravensburg von Wiel Arets (Oktober 2020)

 

Bei der Lektüre der beiden Berichte über den neuen Vorschlag zur Gestaltung des Schussenufers mussten wir vom Bürgerforum Altstadt Ravensburg e.V. uns erst einmal ungläubig die Augen reiben. Denn das Konzept, welches der Architekt Wiel Arets vorschlägt, entspricht in nahezu allen Einzelheiten dem, was wir schon frü­her zu diesem Thema gefordert und publiziert haben, nachzulesen in in den „Alt­stadtaspekten 2019/20 (siehe Anhang). Insofern können wir der Stadt zu diesem Entwurf nur gratulieren und ihm fast vorbehaltlos zustimmen. Die Tieferlegung des gesamten Areals auf das Niveau der Schussen bringt zwar ein erhebliche Verbes­serung der bestehenden Unterführung und schafft Raum für eine großzügige Flussrenaturierung, sie macht jedoch den Eschersteg keinesfalls überflüssig. Im­merhin soll ja nicht nur das Flussufer gestaltet werden, sondern mittelfristig auch das ganze Gewerbeareal westlich der Schussen. Dazu wird mindestens eine wei­tere Querung der Bahnanlagen zwingend erforderlich. Und dann stellt sich noch die Frage: Wie sollen die Fußgänger und Radler von der Tieflage wieder hoch auf die bestehende Brücke zum Industriegelände und dort weiter durch den Fußgän­gertunnel unter den Fabrikanlagen quer durch das Gewerbequartier gelangen?

 

Wir wollen keineswegs als Bedenkenträger erscheinen und gehen zunächst davon aus, dass die Stadt alle die offenen Fragen wie Zufahrts- und Durchfahrtsrechte, sowie die Eigentumsverhältnisse im Vorfeld bereits geklärt hat und somit eine ra­sche Umsetzung der Planung gewährleistet ist, falls die Bundesmittel bewilligt werden sollten. Wir gehen ferner davon aus , dass beim weiteren Planungspro­zess auch die Bürgerschaft mit einbezogen wird.

 

Wir vom Bürgerforum Altstadt Ravensburg e.V. sehen uns in unserer Einschätzung der städtebaulichen Potentiale des Gebietes voll bestätigt.

 

 

 

für den Vorstand des
Bürgerforums Altstadt Ravensburg e.V.
Dr. Dietmar Hawran und Volker Petzold


 

Ideenwettbewerb "An der Schussen" - Stellungnahme des Bürgerforums Altstadt Ravensburg (Februar 2018)

 

Das Bürgerforum Altstadt hat die Auslobung eines Ideenwettbewerbs zur Stadtentwicklung am Bahnhofsgelände und an der Schussen im Beirat für Städtebau unterstützt. Mit den im Techni­schen Rathaus ausgestellten Plänen und dem Modell des 1. Preisträgers haben wir uns intensiv auseinandergesetzt und nehmen dazu nachfolgend Stellung. Eine gründliche Beschäftigung mit den anderen Arbeiten wäre jedoch ebenfalls noch notwendig.

1. Querung im Bereich des Escherstegs

Die Vorstellung, man könne das neue Stadtquartier westlich der Bahngleise mit nur einer Unter­führung attraktiv an die Innenstadt anschließen, ist mehr als abwegig und keine zukunftswei­sende Stadtplanung. Fast alle Teilnehmer haben deshalb großzügige Brückenlösungen in etwa auf der Höhe des Escherstegs vorgeschlagen. Nur der 1. Preisträger sieht eine Unterführung vor. Soweit am Modell zu erkennen ist, ohne Aufzüge. Keiner der Teilnehmer hat den Wiederaufbau des Escherstegs vorgesehen. Dies ist nicht verwunderlich, da die Ausschreibung fälschlicherweise darauf hinweist, dass der Steg u. a. wegen seines Zustands nicht mehr origi­nalgetreu aufgebaut werden könne. Dass der Steg unter Denkmalschutz steht, wird den Teil­nehmern verschwiegen. Es stellt sich nun die Frage, was denn die Unterführung kosten würde und wer diese zu bezahlen hat. Wie wir seit dem Umbau des Bahnhofes 2001 wissen, ist die Her­stellung einer Unterführung unter laufendem Bahnbetrieb eine sehr zeit- und kostenintensive Angelegenheit (Kosten 2001 ca. 3,7 Mio. DM!)

 

2. Planung westlich der Bahngleise

Westlich der Bahnlinie ist im südlichen Teil ein großes Bürohaus mit Tiefgarage an Stelle des jetzigen Park und Ride Parkplatzes vorgesehen. Würde diese Planung umgesetzt, müssten 18 mittelgroße Platanen gefällt werden, die vor ca. 15 Jahren gepflanzt wurden und jetzt eine stattliche Größe erreicht haben. Dadurch helfen sie unsere eh schon stark mit Schadstoffen belastete Luft zu entlasten. Dies wäre nicht nur nicht nachhaltig, sondern eine ökologische Sünde. Darüber hinaus wäre es Geldverschwendung. Was die restlichen Platanen nördlich der Unterführung betrifft, ist aus dem Plan nicht genau zu erkennen. Es besteht jedoch der Verdacht, dass auch diese gefällt werden sollen, da die Planer die Verlegung der Escher-Wyss-Straße direkt neben die Bahnlinie vorsehen. Dafür ist im Plan ein Grünausgleich eingezeichnet.

 

3. Straßenführung, Verkehr, Fernbus

Den Fernbus in eine Sackgasse mit beengter Wendemöglichkeit und problematischer Zu- und Ausfahrt zu schicken, ist allenfalls als Provisorium zu akzeptieren und sollte nicht durch die wei­tere Planung fortgeschrieben werden. Der Abbruch der alten Gebäude im Postquartier wurde damals mit der Notwendigkeit der Erweiterung des ZOB wegen der Fernbusse begründet. Dort gehören die Fernbusse tatsächlich auch hin!

Nördlich des Eingangs zu Voith / Escher-Wyss ist ein weiteres Bürogebäude mit Tiefgarage vor­gesehen. Der Verkehr zu diesem Gebäude läuft ebenfalls über die verlegte Escher-Wyss-Straße. Hinzu kommt noch der jetzt schon bestehende Lieferverkehr für die Industrie westlich der Schussen. Wenn man westlich der Bahngleise zu Schussen hin einen Auftakt für eine Naherholung schaffen möchte, kann u. E. nicht noch ein weiterer Verkehr an dieser Stelle geplant oder zugelassen werden. Außerdem müsste der PKW-Schleichweg zum Schindele-Betriebsgelände geschlossen werden.

 

4. Schussenufer

Der 1. Preisträger liefert hier einen durchaus wertvollen Beitrag zur gestellten Aufgabe. Anders als beispielsweise einer der 3. Preisträger (Verfasser Lohrer/Hochrein), der an dieser Engstelle weitere zahlreiche Gebäude hineinquetscht, schafft der 1. Preis einen Platz mit hoher Erlebnis- und Erholungsqualität.

 

5. Bahnhofsneubau

Das alte Bahnhofsgebäude soll abgebrochen und an seiner Stelle - allerdings nach Norden hin verschoben - ein neues 7-geschossiges Gebäude errichtet werden. Mit dieser Achsenverschie­bung verliert der Bahnhofsvorplatz seine Einfassung. Das jetzige Bahnhofsgebäude weist dem Fußgänger auf der Eisenbahnstraße schon ab der Jodokskirche den Weg und wurde bei seiner Errichtung ganz bewusst in die Platzmitte gesetzt. Nun soll dies ein offenes Vordach mit Durch­blick ins Nirgendwo ersetzen? Was ist das denn für ein Verständnis von Städtebau? Wie soll das ganze finanziert werden?

 

6. Bahnhofsvorplatz

Gerade ist der Bahnhofsvorplatz neu gestaltet worden. Sieben Platanen wurden frisch gesetzt. Dafür gab es Lob vom Bürgerforum. Die Bürger beschwerten sich über die eingeschränkte Mög­lichkeit der Anfahrt und die fehlende Rechtsabbiegespur in die Georgstraße, was zu einem mas­sivem Verkehrschaos führte. In den jetzigen Plänen fehlt die Zufahrt von der Georgstraße völlig und der Platz soll statt dessen mit "Außenbewirtschaftung und Wasserspielen" aufgehübscht werden. Wie man zukünftig mit Gepäck zum Bahnhof kommt, ist völlig ungeklärt! Wo bleiben die Kurzparker für die Postkunden? Der 1. Preisträger schlägt als Lösung vor, auf der ganzen Län­ge der Georgstraße 90-Grad-Parkplätze einzurichten. Dies wäre zwar eine wirksame Maßnah­me zur Verkehrsberuhigung auf dieser leider immer viel zu stark befahrenen Straße, kann aber wohl leider erst nach dem Molldietetunnel umgesetzt werden.

 

7. Neubau Parkhaus - südlich des Bahnhofs

Südlich des neu zu gestaltenden Bahnhofs, dort wo derzeit PKW-Abstellplätze bei zwei Kugelahornreihen sind, wollen die Planer ein Parkhaus bauen. Nach einem Termin vor Ort wurde uns bewusst, dass dafür die 22 Kugelahornbäume, die auch erst vor rund 10 Jahren gepflanzt wur­den, gefällt werden müssten. Desgleichen vier Platanen, die zwischen Bahnhof und den nördli­chen Fahrradabstellplätzen stehen. Hier sehen wir genau dasselbe Problem wie zuvor darge­stellt: nicht nachhaltig, ökologischer Frevel, Geldverschwendung.

 

8. Fahrradabstellplätze

Derzeit befinden sich auf Ostseite der südlichen Unterführung eine große Anzahl von Fahrradständern, die fast immer komplett überfüllt sind. (Bei einem Ortstermin Anfang Februar haben wir mehrere Hundert Fahrräder gezählt.) Es ist davon auszugehen, dass diese Zahl zunehmen wird. Die Planer haben hier keinen Ersatz und erst recht nicht eine Erweiterung der Fahrradab­stellplätze vorgesehen. Nur die gerade neu eingerichteten Stellplätze für die E-Bikes westlich des alten Postbaus haben die Planer nun an die Nordseite des Parkhauses verlegt. Hier besteht dringender Änderungsbedarf. Diese Versetzung ist unnötig. Außerdem braucht es aus unserer Sicht mehr statt weniger Fahrradabstellplätze.

 

Zusammenfassung

Zunächst bedauern wir, dass im Preisgericht weder der BUND, noch der NABU oder das Bür­gerforum beteiligt waren.

Weiter ist die Ausstellung der Wettbewerbsergebnisses im abgelegenen Technischen Rathaus für viele Bürger eine Zumutung. Die Pläne gehören natürlich im Foyer des Rathaus für mindes­tens noch weitere 4 Wochen ausgestellt und dort der Öffentlichkeit ausführlich erläutert! Darum bitten wir die Stadtverwaltung ausdrücklich.

Wir vermissen außerdem das Preisgerichtsprotokoll, in welchem die Arbeiten im Einzelnen be­sprochen und gewürdigt werden.

In der Schwäbischen Zeitung werden die Pläne des 1. Preisträgers geradezu überschwäng­lich angepriesen, jedoch haben auch nicht prämierte Teilnehmer teilweise gute Lösungsvor­schläge in Einzelbereichen aufgezeigt, welche in die weitere Planung einfließen sollten.

Darüber hinaus halten wir es für sinnvoll, Vertreter des Bürgerforums Altstadt, sowie BUND und NABU eng in die weitere Planung beratend einzubeziehen. Schließlich geht es auch um ökolo­gisch wertvolle Grünflächen im Herzen unserer Stadt.

 

Ravensburg, den 07. Februar 2018

 

Dr. Dietmar Hawran und Volker Petzold für das Bürgerforum Altstadt Ravensburg